Donnerstag, 1. September 2011

Gönninger Heimatbuch von 1952 (Teil 43): Geschichte - Gönningen, die Stadt

Die Stadtgründung wird wohl in dieselbe Zeit wie die der benachbarten Stadt Reutlingen fallen, vielleicht angeregt von ihr, also um die Mitte des 13. Jahrhunderts. Man erkennt daran, dass unsere Stöffler Herren doch ein mächtiges Geschlecht gewesen sein müssen. Städtegründung war nur dem hohen Adel vorbehalten. Sie erfolgt aus zwei Gründen:
1. Die Stadt war eine Großburg, und dazu noch eine feste! Es waren also die Doppelburg Stöffeln auf dem Berg und die Stadt Gönningen im Tal zu ihren Füßen, in ihrem Kern noch einmal ein mauerbewehrter hochgelegener Kirchhof zur weiteren Verstärkung, eine höchst beachtliche strategische Tatsache und ein außergewöhnlicher Machtzuwachs (wir würden heute „Potential“ sagen) für die Herren von Stöffeln.
2. war die Stadt eine wirtschaftliche Unternehmung des Stifters bzw. seines Geschlechts. Der Markt war die Seele und das Wesen einer Stadt. Mit dem Handwerk und Gewerbe in ihren Mauern brachte der Handel auf dem Markt Geld in die Schatztruhe des Stifters. Außerdem bezahlten die Städtler dem Stadtherren aus ihren Hofstätten jährliche Zinsen und sonstige Abgaben.
Zum Schutze des Marktes und der Bürger verlieh der Herr seiner Stadt das Mauerrecht, und um die Stadt vor jedem fremden Rechtszugriff zu sichern, wurde ihr das hohe Gericht, also die Entscheidung über hohe Bußen und üer Leben und Tod verliehen. Auch das Gericht brachte dem Gerichtsherrn mit Strafen und Gebühren ein laufendes Geld; vor ihm holten auch mindestens die stöfflerischen Dörfer ihr Recht. Ein Zeuge dieser Hochgerichtsbarkeit war der Galgen draußen bei der Schelmenegart am Lenzenstaigle; er stand weit ins Land hinaus drohend auf dem Galgenbühl, welcher Name uns also eine weitere, wenn zum Teil auch schauderige Erinnerung an unsere alte Stadtherrlichkeit bewahrt hat. Der Stöffler, oder sein Schultheiß, saß einstmals mit seinen 12 Stadtbürgern auch über Leben und Tod zu Gericht, damals wohl noch auf offener freier Straße am Markt, vielleicht unter einer Linde, wie es üblich war.
Im Gegensatz zu vielen anderen Stadtplänen liegt bei uns der Markt außerhalb des Mauerringes, breit und geräumig zwischen Stadt und Dorf, gerade in der Gabelung der beiden alten Hauptwege, nämlich der Straße nach Pfullingen und Genkingen, so wie diese Verbindungen damals noch über die Berge verliefen. Der Ort an dieser Straßengabel ist für die Lage des Marktes kennzeichnend. Das Wesen des städtischen Marktes ist der Wochenmarkt, aber der Stadt wurden auch Jahrmärkte verliehen, die bis zum heutigen Tag abgehalten werden. Das Standgeld der Märkte bracht dem Marktherrn Einnahme und Gewinn und auf den Märkten boten die hiesigen Handwerker den Marktbesuchern ihre Ware an.

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