Dienstag, 14. Juni 2011

Gönninger Heimatbuch von 1952 (Teil 35): Geschichte

Das Haupteinkommen der Herrschaft an Bargeld bestand zu Gönningen aus den soge­nannten ewigen und unablösigen Hellerzinsen, aus Häusern, Hofraiten, Scheuern, Äckern, Wiesen und Gärten. Dies gilt wenigstens für die Zeit, als die Zehntfrüchte noch in Naturalien abgeliefert wurden und noch nicht in Geld abgelöst waren. Es nimmt im Jahr 700 an solchen Hellerzinsen die Herrschaft jährlich 76 Gulden, 37 Kreuzer ein. Diese Hellerzinse sind Grund­lasten, die auf einer Liegenschaft ruhen und die jeder Inhaber Jahr um Jahr und durch Jahrhunderte hindurch unverändert der Herrschaft erfüllen muß, meist auf Martini. Die Her­kunft dieser Hellerzinse, besonders sofern sie auf einzechten Güterstücken ruhen, ist oft dunkel. Die Hellerzinse bestehen seit unvordenklichen Zeiten und niemand weiß mehr, wann, von wem und wie sie gesetzt worden sind. Nicht auf allen Häusern und einzechten Gütern ruhe diese Grundlasten, insbesondere fällt auf, daß die großen Häuser im Unterdorf, welche auf altem Herrengrund stehen,m zinsfrei sind. Der zinsfreie Besitz an allerleit Liegenschaften, sofern er nicht aus altem Herrenbesitz herrührt, ist vielleicht auch eine letzte Erinnerung an die Gemeinfreiheit der Geburschaften. Die Zinse und Gülten, welche auf den zweimal 13 Lehen liegen, sind verständlich, denn sie entsprechen dem heute noch üblichen Pachtzins, da es sich in den Lehen eigentlich um Eigentum des Lehensgebers handelt, welches er an einen Pächter (Beständer) um eine gewisse Gegenleistung in Geld, Naturalien oder Diensten ausgibt. Die Lehen sind aber der Pächter Erbgut, d. h. es folgt das Lehen im Erbgang der Blutslinie der Inhaber, während die mit Hellerzinsen oder Gülte (Frucht, Eier, Hühner, Gänse, Schweinsschultern, Käse, Pfeffer, Wachs usw.) belasteten einzechten Grund­stücke der Zinser Eigentum sind.

Alle diese Hellerzinse in Geld oder Ware sind dem Schulthaißen zu Gönningen zu überant­worten, welcher die Einkommen dann auf der Herrschaft Kasten in die Kellerei nach Tübingen liefert, während die Gültfrüchte in Fron, d. h. ohne Entlohnung durch die Herr­schaft, ebendorthin geführt werden müssen.

Abgesehen von den 3 Mahlmühlen geben 41 Einheiten ewige Hellerzinse. Unter einer solchen Einheit ist gewöhnlich ein bäuerliches Anwesen mit Haus, Scheuer, Hofraitin und Garten zu verstehen. Manchmal stehen aber auf einer solchen alten Hofstatt mehr, bis zu 4, Häuser und auch mehr als eine Scheuer; einige Hofstätten sind leer werden als Garten ge­baut. Meist sind an einer solchen Zinseinheit mehrere Inhaber beteiligt, gewöhnlich Ver­wandte, die im Erbgang durch Freiteilung ihren Anteil bekommen haben. Insgesamt stehen im Jahre 1700 auf den genannten 41 Zinseinheiten 56 Häuser. Es ist kein Zweifel, daß da­mals unser Gönningen bei rund 600 Einwohnern nicht nur 56 Häuser gezählt hat. Es werden beispielsweise im Unterdorf im Jahre 1763 allein 45 und im Ortsteil Bronnen 21 Wohnhäuser ohne Scheuern gezählt. Es mjuß also entsprechend den zinsfreien Feldstücken auch noch eine ganze Reihe von zinsfreien Hofstätten gegeben haben.

Sonst sind an einzechten Gütern mit ewigen Hellerzinsen belastet 51 ¾ Mannsmahd Baumgarten, 2 ¼ Mm Hanfgarten, 169 ½ Mm Wiesen und 155 ¾ Jauchert Äcker. Wenn man dagegenhält, daß im Jahre 1761 zu Gönningen eine Gesamtackerfläche von 1183 Morgen in allen 3 Zelgen, 442 Mrg. Wiesen und 171 Mrg. Gärten und Länder gebaut wurden, also ins­gesamt rund 1800 Morgen, so kann man ermessen, daß nur ein ganz kleiner Teil der Grundstücke mit der Grundlast ewiger Hellerzinse belastet war, wenigstens soweit sie der Kellerei Tübingen, d. h. der Herrschaft Wirtenberg fällig waren.

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