Sonntag, 25. Oktober 2009

Das Gedicht zum Sonntag


Als im Jahre 1860 die neuerbaute Straße von Pfullingen über Gönningen nach Genkingen eröffnet wurde, war natürlich auch der Lokaldichter Matheus Wagner mit von der Partie. Unser "Wilhelm" hat Wagners Gedicht wiederentdeckt und abgeschrieben - für Sie. Zur sonntäglichen Erbauung.

Willkommen heut im Wiesaztale
Am schönen Weihefest,
Das endlich nun mit einemmale
Sich froh begehen lässt!

Die neue Strasse ist vollendet
Kein Zweifel waltet mehr,
Und dieser heit´re Tag verkündet
Uns leichteren Verkehr.

Wer denkt nicht an vergang'ne Zeiten
Der unser Tal gekannt
Wo Hohlweg fast nach allen Seiten
Mit Roschlag noch bestand !

Verbessert sah man jene Strecken
In jüngster Jahre Lauf; -
Man hob sonach in äusserm Flecken
Das Karrenfuhrwerk auf.

Trotz allem Aufwand blieb die Staige
Ein Hinderniss fortan,
Und mancher Landmann wurde Zeuge
Wie schwer man dort getan.

Wer Ladung in dem Tal genommen
Und aufwärts einmal fuhr -
Der rief da oben angekommen:
"Lebt wohl, da unten nur!"

Ihr möget gut und glücklich hausen
Das acht`ich wenig doch ;
Denn eure Staige macht mir Grausen
Die geht zu steil und hoch!

Der Rossberg hörte manche Klage
Im Stillen so, und schwieg -
Und dachte wohl an jene Tage
Wo man ihn oft bestieg!

Und weil er vieles schon erfahren
Das uns die Zeit gebracht
So gab er, wie seit langen Jahren
Auf alles bess´re Acht.

Und sieh´es kam ; durch Feld und Wiesen
Die neue Strasse führt
Vorbei am alten Bergesriesen
Der prächtig paradiert!

Wohl mancher Ausflug ist zu hoffen
Dem hohen Berg zu lieb,
Der, eh die neue Strasse offen
Schon öfters unterblieb !

Jetzt wandelt man auf sich´rem Wege
Herein durch uns´re Flur
und dann bergan im Waldgehege
Auf weicher Blumenspur.

Drum jeder Wand´rer sei gegrüsset
Der unser Feld begeht
Und stille süsse Luft geniesset,
Wenn Frühlingsodem weht!

Und jeder Fuhrmann auf der Strasse
Vor Unfall sei bewahrt
Und habe in erwünschtem Masse
Nur Glück, auf seiner Fahrt !

Und Heil dem, der per Reisewagen
In froher Muse zieht,
Wenn uns´re Bäume Früchte tragen
Und wenn der Lenz verblüht!

Ihm wechselt freundlich Au und Haine
Nach Formen und Gestalt,
Ihm lächelt frisch im Sonnenscheine
Der dichte Obstbaumwald.

Und welche Zaubermelodien
Entzücket seine Brust -
Wie nun der Nächte Schatten fliehen
Des Frühlings goldner Lust!

Ihr Talbewohner freut zur Stunde
Euch in der Freundschaft Kreis
Erzähle nun und gebe Kunde
Wer etwas schönes weiss!

Ihr seid zurück von euren Reisen
Der Festtag blickt auch hold;
So möget ihr die Vorsicht preissen
Die gütig es gewollt!

Wir haben nun durch uns´re Auen
Die neue Strassenbahn,
Es führt die Staige ohne Grauen
Das Alb-Gebirg hinan!

So lasst uns freudig anerkennen
Der hohen Spende Wert,
Die wir mit tiefstem Danke nehmen
Als Beitrag uns bescheert!

Ein fröhlich "Hoch" aus aller Munde
Wir heute bringen dar
Dem Könige, der bis zur Stunde
Des Landes Vater war!

Wie Vieles ist durch ihn geschehen
Für Handel und Verkehr !
Des Himmels Glück und Wohlergehen
Mög' walten um Ihn her!

Gott sei mit Ihm und seinen Lieben
An jedem Morgen neu
Nie mög ein stilles Leid sie trüben
Von welcher Art, es sei!

Dank sagen wir an diesem Tage
Den Vorgesetzten noch;
Gelöset wurde schön die Frage
"Sie leben Alle, hoch!"

Dank, Allen, die beschäftigt waren
Für Arbeitsfleiss und Müh'n!
Nicht weihen die betrauten Scharen
Des Sommers Sonnenglüh'n.

Wir wollen innig uns erfreuen
Das uns des Schöpfers Hand
Die Strasse heute einzuweihen
So freudevoll verband.

So ist die Arbeit vieler Stunden
Vorüber, wie wir seh´n ,
Uns mag die Zukunft erst bekunden
Ein nützliches Besteh´n !

Indess - bis alles abgetragen
Noch still die Sorge schleicht -
Es geht uns wohl, man möchte sagen
Zum Zwecke nicht so leicht.

Doch gilt es Mut und guten Willen -
Und hat man gute Zeit
So dürft´am Ende sich erfüllen
was uns noch Sorgen beut!

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